Covid-19 – und das Schutzpaket für Wohnungsmieter

Der Gesetzgeber hat mit dem am 3. April 2020 vom Nationalrat beschlossenen und am 4. April 2020 vom Bundesrat bestätigten COVID-19-Gesetz punktuelle und größtenteils temporäre Erleichterungen für Betroffene geschaffen.

Unter anderem wurde ein Schutzpaket für Wohnungsmieter beschlossen, dieses hebelt einige gängige mietrechtliche Regelungen aus und wirft damit viele rechtliche Fragen auf. Sowohl für Vermieter als auch Mieter stellt sich die Frage, ob die Pflicht zur Leistung des Mietzinsens entfällt, der Mietvertrag nun etwa unkündbar geworden ist oder auch, ob Räumungen aufgrund der Pandemie gänzlich ausgeschlossen sind.

Die wichtigsten Antworten zu den mietrechtlichen Neuerungen haben wir hier für Sie zusammengefasst:

Allgemeines

  • Die Eckpunkte des Schutzpakets für Wohnungsmieterinnen und Wohnungsmieter lauten:
  • Mietern, die aufgrund der Covid-19-Pandemie ihren Mietzins im Zeitraum von 01. April bis 30. Juni 2020 nicht begleichen können, kann bis zum 30. Juni 2022 alleine aufgrund dieses Zahlungsrückstands nicht gekündigt und die Räumung nicht begehrt werden;
  • pandemiebedingte Zahlungsrückstände aus dem Zeitraum 01. April bis 30. Juni 2020 können bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich eingefordert werden;
  • das Befristungsrecht für Wohnungsmietverträge wird bis zum 31. Dezember 2020 flexibilisiert;
  • Räumungsexekutionen werden aufgeschoben.

Das gegenständliche Schutzpaket zielt ausschließlich auf Wohnungsmieten ab. Problemfälle in anderen bestandvertraglichen Konstellationen wie etwa Geschäftsraummieten und Pachtverträgen müssen auf der Grundlage der bestehenden Gesetzeslage gelöst werden. Hierzu dürfen wir auf unsere rechtlichen Ausführungen im Newsletter 03/2020 – Update 2.0 vom 24. März 2020 verweisen.

Ausschluss der Kündigung wegen Mietzinsrückstand

Grundsätzlich ist bei einer qualifizierten Säumnis der Mietzinszahlung der Vermieter berechtigt durch Räumungsklage nach § 1118 ABGB die Aufhebung des Mietvertrags zu fordern oder den Mietvertrag gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 MRG zu kündigen. Dieses Recht des Vermieters soll nach dem Willen des Gesetzgebers dann ausgesetzt werden, wenn der Wohnungsmieter wegen einer coronabedingten Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit den Mietzinszahlungen in Verzug gerät.

Entrichtet also der Mieter einer Wohnung eine Mietzinszahlung, die zwischen 1. April und 30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, kann der Vermieter allein wegen dieses Zahlungsrückstands den Mietvertrag weder kündigen noch dessen Aufhebung nach § 1118 ABGB fordern.

Dies gilt jedoch nur, wenn Einkommensverluste des Mieters aufgrund der COVID-19- Pandemie dazu führen, dass er im wirtschaftlich besonders von den Pandemiefolgen betroffenen Zeitraum von April bis Juni 2020 in Verzug gerät und seiner Pflicht zur Mietzinszahlung nicht vollständig oder überhaupt nicht nachkommen kann. Mietzinsrückstände aus anderen Mietzinsperioden werden vom Ausschluss der Kündigung oder Räumungsklage nicht erfasst, ebenso wenig Kündigungen oder Räumungsklagen aus anderen Gründen.

Dieser Kündigungs- und Räumungsausschluss gilt für alle Wohnungsmietverträge, unabhängig davon, ob das Mietverhältnis dem MRG zur Gänze (Vollanwendung), nur teilweise (Teilanwendung) oder gar nicht (Vollausnahme) unterliegt.

Die Regelungen zum Kündigungs- bzw. Räumungsausschluss treten erst mit Ablauf des 30. Juni 2022 wieder außer Kraft. Wenn also der Mieter den zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 fällig gewordenen Mietzins nicht bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 vollständig entrichtet hat, kommt dem Vermieter erst ab 1. Juli 2022 das Recht zu, den Mietvertrag wegen des Mietzinsrückstandes zu kündigen. Das Vermieterrecht, eine unterbliebene Mietzinszahlung zur Grundlage einer Vertragsauflösung zu machen, wird also nicht gänzlich beseitigt, sondern nur um zwei Jahre hinausgeschoben. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass spätestens nach zwei Jahren sämtliche wirtschaftlichen Folgen der nunmehrigen Pandemie wieder abgeklungen sein werden.

Vorübergehender Ausschluss der Einklagbarkeit von Mietzinsrückständen

Der Vermieter kann einen pandemiebedingen Mietzinsrückstand, der zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 fällig wird, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich einfordern und auch nicht aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken. Auch diese Regelung gilt unabhängig vom Umfang der Anwendung des MRG für alle Wohnungsmietverträge.

Mit dieser Bestimmung werden nicht nur das gesamte Mietentgelt, sondern auch die Betriebskosten, zB Strom- und Wasserkosten, Müllgebühren etc. bis Ende des Jahres gestundet.

In den Gesetzesmaterialien wird betont, dass es sich bei diesem Ausschluss der Einklagbarkeit von Mietzinsrückständen nicht um eine gesetzliche Verschiebung der Fälligkeit, sondern nur um eine temporäre Aussetzung der Klagbarkeit des Anspruchs handelt. Ab Fälligkeit des jeweiligen Mietzinses beginnen jedenfalls auch die gesetzlichen Verzugszinsen - das sind 4 % pro Jahr - zu laufen.

Den Beweis darüber, dass die pünktliche Zahlung des Mietzinses nicht möglich gewesen ist, weil der Mieter als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt worden ist, muss er selbst erbringen.

Für gewöhnlich wird der in finanzielle Schwierigkeiten geratene Mieter auch nach dem Abflauen der Akutsituation Probleme haben, die angelaufenen Zahlungsrückstände rasch nachzuzahlen. Zwar räumt der Gesetzgeber dem Mieter eine Nachzahlungsfrist von zumindest einem halben Jahr ein, doch der Mieter hat dann neben der laufenden Mietzinsbelastung auch noch Nachzahlungen zu leisten, die zudem Verzugszinsenmitumfassen und ihn in die Schuldenfalle führen könnten. Den Mietern ist daher dringend anzuraten, ungeachtet der gesetzlichen Erleichterungen keine Mietzinsrückstände aufkommen zu lassen und allfällige Mietzinsrückstände aufgrund einer akuten wirtschaftlichen Krise schnellstmöglich zu tilgen.

Erleichterungen hinsichtlich der Verlängerung befristeter Wohnungsmietverträge

Mieter und Vermieter, deren Wohnungsmietverhältnisse in diesen schweren Tagen enden, stehen vor dem Problem, dass aufgrund der aktuellen Situation dieWohnungsund Nachmietersuche, die Übersiedelung sowie das Zurückstellen des Mietobjekts zumindest erheblich erschwert ist. Eine (kurzfristige) Verlängerung des Mietvertrages liegt zwar nahe, grundsätzlich muss jedoch eine solche Verlängerung eines befristeten Vertragsverhältnisses nach § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG bei Wohnungsmietverhältnissen einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren umfassen.

Zur besseren Bewältigung der Krisensituation hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung zu § 29 MRG über die temporäre und ausnahmsweise Möglichkeit zur Verlängerung von Wohnungsmietverträgen auf eine kürzere Zeit als drei Jahre getroffen.

Konkret kann ein dem Mietrechtsgesetz (voll oder teilweise) unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30. März 2020 und vor dem 1. Juli 2020 abläuft, abweichend von § 29 MRG schriftlich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 (spätmöglichster Endtermin!) oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden. Das Gebot der Schriftlichkeit bedeutet "Unterschriftlichkeit", die Verlängerung kommt also nur durch die Unterschrift der Parteien zustande. Achten Sie also unbedingt darauf, dass eine derartige Verlängerung nur schriftlich (mit beidseitigen Unterschriften) bis längstens 31.12.2020 möglich ist. Eine Verletzung dieser Formvorschrift kann dazu führen, dass ein unbefristetes und kündigungsgeschütztes Mietverhältnis entsteht.

Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, so greift § 29 Abs 3 lit b MRG. Der Mietvertrag wird einmalig auf drei Jahre erneuert. Der Mieter hat in einer solchen Konstellation jederzeit das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht, den erneuerten Mietvertrag jeweils zum Monatsletzten gerichtlich oder schriftlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen. Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieser drei Jahre ein weiteres Mal nicht aufgelöst, gilt er als auf unbestimmte Zeit erneuert.

Gesetzlicher Räumungsaufschub für Wohnungen

Um zu verhindern, dass Personen in der aktuellen pandemiebedingten Krisensituation aufgrund einer Delogierung unterstandslos werden, soll die Räumung von Wohnungen auf Antrag des Verpflichteten aufgeschoben werden können. Dabei ist nicht von Bedeutung, aus welchem Grund das Nutzungsverhältnis aufgelöst wurde.

Die Aufschiebung ist aber nur gerechtfertigt, wenn die Wohnung vom Verpflichteten dringend zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses benötigt wird und ihr auch nicht schwere persönliche oder wirtschaftliche Nachteile des betreibenden Gläubigers entgegenstehen. Abzuwendende persönliche Nachteile können etwa vorliegen, wenn dringender Eigenbedarf des betreibenden Gläubigers oder eines Angehörigen besteht. Ein relevanter wirtschaftlicher Grund kann zum Beispiel darin bestehen, dass der betreibende Gläubiger die Wohnung bereits weitervermietet hat und er dringend auf die Mietzinseinnahmen angewiesen ist.

Das Exekutionsverfahren ist auf Antrag des Gläubigers spätestens sechs Monate nach Bewilligung der Aufschiebung oder sobald die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen aufgehoben wurden fortzusetzen. Sind die Voraussetzungen für die Aufschiebung der Räumung nicht mehr gegeben, ist das Verfahren innerhalb von drei Monaten nach Bewilligung der Aufschiebung fortzusetzen.

Schlussbemerkung

Bei weiteren Fragen zu den neuen mietrechtlichen Maßnahmen stehen wir Ihnen auch aktuell uneingeschränkt sowie jederzeit zur Seite!

Bleiben Sie gesund!

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